Lieber Kristian, lieber Klausa!
Vielen Dank für dieses Gespräch: Ich war hin- und hergerissen zwischen Schmunzeln und tiefer Berührtheit, weil du, lieber Kristian, quasi meine Geschichte erzählt hast. Meine Diagnose hieß 2002 Panikattacken mit depressiven Verstimmungen (Burnout gab es als Diagnose noch gar nicht) – viele Worte um die Tatsache, dass ich ein halbes Jahr nur unter größten Ängsten das Haus verlassen habe – und das auch nur in Begleitung meines Mannes.
Ich bin unendlich dankbar, dass ich einen Weg aus diesem dunkelsten Tief gefunden habe.
Und gleichzeitig steigt Wut in mir auf, denn an dem Zustand, der einen erwartet, wenn man eigentlich „nur“ Hilfe braucht, hat sich absolut nichts verändert, während der Bedarf steigt und steigt. Viele meiner Schülerinnen und Schüler sind psychisch hoch belastet (einige sicher auch suizidal gefährdet) und warten eine halbe Ewigkeit auf einen Platz zur Therapie. Sie können es sich ganz und gar nicht leisten, da etwas selber zu zahlen, wobei es sicher auch schwierig ist, dann den richtigen Ansprechpartner zu finden. Da und nicht nur da versagt unser Gesundheitssystem auf voller Breite!
Das ist kaum auszuhalten!
Ich denke, dass die nächsten Jahre einiges an „Kollateralschäden“ auf uns als Gesellschaft zukommt – und Longcovid ist sicher nur eines der Probleme. Ich hoffe, dass unser Gesundheitssystem seinem Namen irgendwann alle Ehre macht und außer Tabletten fressen das Angebot erweitert und diejenigen, die in diesem Sektor wirklich gute Arbeit leisten, entsprechend anerkannt werden, damit sie nicht unter dem Generalverdacht von Scharlatanerie stecken bleiben.
Mir jedenfalls hat nicht die klassische Behandlung (Verhaltenstherapeutischer Ansatz: „Was andere können, können Sie doch auch wohl lernen!“) geholfen. Ich habe über Jahre selbst dafür gesorgt, wieder gesund zu werden, habe mir systemisch helfen lassen und ich bin Gott sei Dank nicht an Scharlatane geraten! Gott habe ich bei der Gelegenheit übrigens auch kennengelernt – ein großes Geschenk!!!
Du, lieber Klausa, hast mit deiner Musik so unendlich viel dazu beigetragen. Da wiederhole ich gern ein weiteres Mal! 😉
Ich wünsche allen, die grad nicht wissen, wie sie die Krisen dieser Welt aushalten und überleben sollen, helfende Hände … jemanden, der zuhört und anpackt …
Und ich wünsche uns allen den Frieden im eigenen Herzen, damit wir Frieden im Außen unterstützen können. Das Eine geht nicht ohne das Andere!
So viele Unterbrechungen und erneute Anläufe (über fünf Tage hinweg) hatte ich beim Anhören einer Folge noch nie…. aber das lag gewiss nicht daran, dass mir dabei ständig langweilig wurde (im Gegenteil). Sondern daran, dass es mich pünktlich zum Podcast-Montag nun doch auch noch „erwischt“ hat („C“) – und das nicht ganz so „mild“, wie ich es gedacht hatte. Besonders an Tag 2 und 3 hatte ich (neben einigen anderen Symptomen) eine solche „Matschbirne“, dass jeder Versuch, sich auf etwas zu konzentrieren, äusserst mühsam war. Es gab Momente, da wusste ich nicht mehr, „wo oben und wo unten ist“ – ein mir bis dahin unbekannter Zustand – und einmal stieg sogar der Verdacht in mir hoch (und da wurde mir trotz Fieber eiskalt), dass das womöglich so bleiben würde….
Seit gestern (Tag 5) geht es nun aber Gott sei Dank sowohl physisch als auch mental wieder aufwärts – und gelernt habe ich auf alle Fälle die Lektion, dass man seinen „Feind“ nie unterschätzen sollte, bevor man ihm nicht persönlich begegnet ist….! Tja, wie steht es schon in der Bibel: „Hochmut kommt vor dem Fall….“ Diesen Dämpfer hatte ich wohl verdient – und hoffe, das Gelernte nie mehr zu vergessen.
Warum erzähle ich das überhaupt?
Nun…. weil mir beim Überlegen so der Gedanke gekommen ist, dass es Dinge gibt, die JEDEN Menschen treffen können – wie eben Corona….. oder Depressionen (Burnout, Panikattacken). Danke, liebe Imke, dass du vieles von dem, was mir dazu im Kopf und im Herzen herumschwirrt, bereits niedergeschrieben hast (mein Energielevel ist noch nicht wieder der alte, aber wahrscheinlich schreibe ich jetzt trotzdem wieder viel zu viel). Manche trifft es „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“ (zumindest scheint es so) …. andere erleben eine eher schleichende Wesensveränderung. Manche erleben so was ein Mal im Leben…. bei anderen gehören depressive Verstimmungen irgendwie zu ihrer DNA. Einer meiner Söhne (JG 1999) sagte vor drei Jahren, als es ihm mal wieder enorm schlecht ging (obwohl es rein faktisch keinen Anlass dazu gab), zu mir: „Mama, eigentlich hänge ich mich nur deshalb nicht auf, weil ich weiß, dass es dir das Herz brechen würde…..“ Ich kann gar nicht beschreiben, wie mir in dem Moment zumute war….. jedenfalls haben wir uns erst einmal lange festgehalten (und zwar wirklich FEST) und zusammen geweint. Das war irgendwie befreiend…. für uns beide. E r dankte m i r , dass ich „einfach für ihn da bin, ohne ihn vollzulabern“ und i c h dankte i h m, dass ich es ihm wert war (bin), dunkle, kalte Wegstrecken auszuhalten.
Diesen ganz besonderen Moment werden wir beide nie mehr vergessen – und ich hoffe und bete, dass er auch in Zukunft fähig sein wird, sich an diese „Abmachung“ zu halten….. und trotz dieser Plage, die ihn immer mal wieder überfällt, sein eigenes Leben als lebenswert empfindet. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich hat er sich auch in Behandlung begeben, hatte nach ein paar Fehlversuchen das Glück, einen sehr guten Therapeuten zu finden, und nimmt phasenweise auch Medikamente. Aber ich kann nur bestätigen, was du, Imke, schreibst und was auch Kristian an einer Stelle sagt: Nur wenn der betroffene Mensch lernt, auch selber für sich zu sorgen, kann es ihm (nach und nach) besser gehen…. sich alleine auf Ärzte, Therapeuten und Medikamente zu verlassen, ist trügerisch und führt, wenn überhaupt, nur sehr selten zum Erfolg. Das ist ja schon bei körperlichen Leiden so….. und erst recht bei seelischen Phänomenen, die ja oft noch viel komplexer und unergründlicher sind.
Das Gesundheitssystem (weder unseres noch irgendein anderes – wer wie ich viele Jahre im Ausland gelebt hat, weiß, dass es woanders oft noch viel, viel schlimmer ist) wird diese Not nie alleine auffangen können. Da sind wir Christen gefragt, oder?! Nicht mit „Pseudo-Beratung“ (das sollte man den Experten überlassen), sondern mit LIEBE. Mit Dasein – Zuhören – Annehmen – Aushalten. Das versuche ich gerade bei lieben Freunden, deren ältester Sohn sich heute vor fünf Wochen von einer 18 m hohen Brücke gestürzt – und überlebt hat. Seitdem ist nicht nur seine Seele (langjährige Depressionen, trotz viel Hilfe), sondern auch sein Körper kaputt…. und die Eltern verstehen die Welt (vielmehr ihren Gott) nicht mehr. Was sagt man einer Mutter, die weinend vor einem kauert und sagt, dass sie doch von Mutterleibe an täglich für jedes ihrer Kinder gebetet habe – und trotzdem hat Gott etwas so Schreckliches zugelassen? Oder einem Vater, der sich ängstlich fragt, was denn womöglich noch alles kommen kann in der Familie (fünf Kinder) ….. à la Hiob ….
Antworten auf diese (und viele weitere) Fragen habe ich keine. Gott wird mir, je älter ich werde, immer mehr zum Rätsel…..
Das Einzige, was ich zu geben habe, ist die oben erwähnte geduldige, aushaltende, urteilsfreie Liebe.
Das gelingt mir nicht immer so, wie ich es gerne hätte – aber ich will dran bleiben, es mehr und mehr zu lernen, denn nur so kann im Umfeld eines jeden von uns ein kleines Stückchen Heilung geschehen.
DANKE also auch für dieses spannende, „kernige“, abwechslungsreiche Gespräch!
Liebe Silvia!
Deine Schilderungen hauen mich echt fast um, auch weil meine Schülerinnen und Schüler genau in dem Alter sind, und sicher auch das eine oder andere Mal mit dem Gedanken gespielt haben, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Ich glaube, dass beste (und das macht dich zu einem Gottes-Geschenk), was du tun kannst, ist wirklich einfach da zu sein und festzuhalten und nicht nach Antworten auf Fragen suchen, auf die es keine gibt.
Meine beste Freundin hat gerade die 4. Chemo durch – von den Schulmedizinern liebevoll „Palliativ-Chemo“ genannt, weil sie mit ihrem Latein am Ende sind – sagte einmal, dass ich dageblieben sei, als es ihr so unsagbar schlecht gegangen ist, war das größte Geschenk … auch ohne Antworten darauf zu haben, warum manche Menschen so viel zu (er)tragen haben.
Vielleicht werden wir am Ende erfahren, wozu das alles nützlich war. Daran will ich festhalten, vor allem, wenn ich keine Antworten habe oder mich Zweifel überrennen.
Und so blöd sich das jetzt auch anhören mag, ich bin tatsächlich gestärkt aus meine Krisen gekommen und habe die Kraft gehabt, für andere da zu sein – einfach nur da sein und aushalten … das wäre ohne meinen eigenen Schmerz nicht möglich gewesen.
Ich wünsche dir und deinen Freunden und allen Menschen, die aktuell oder zukünftig durch schwere Krisen gehen, Freundinnen und Freunde, wie du eine bist und wie ich sie hatte.
Danke euch für eure offenen und bewegenden Berichte und Gedanken! Zum Thema „Wozu das alles nützlich war“ fällt im nächsten Podcast-Gespräch der Begriff des „ohnmächtigen Gottes“. Sehr nachdenkenswert, finde ich. Ich scheitere immer wieder an der (allzu menschlichen und verständlichen) Vorstellung, warum Gott dieses und jenes zulässt. Ich glaube nicht, dass sich dieser Knoten auflösen lässt, aber man kann sich der Frage von unterschiedlichen Seiten nähern.
Dir, liebe Silvia, gute Besserung, gute Erholung und komm bald wieder ganz zu Kräften!
Vielen Dank, ihr zwei Lieben (Imke & Klausa), für eure ergänzenden Gedanken – allesamt wertvoll, berührend und bereichernd.
Wir sind ja alle drei Menschen, denen Sprache viel bedeutet…. und die mit Sprache auch viel auszudrücken vermögen. (Es ist ja nicht zuletzt deine „Wort- & Ausdrucks-Akrobatik“, die deine Fans, lieber Klausa, an deinen Liedern ganz besonders lieben!) Und dennoch ist uns klar, dass es Situationen gibt (wie die beschriebenen – das mit deiner besten Freundin, liebe Imke, tut mir auch unendlich leid!), in denen das Beste, was wir anzubieten haben, unser beharrliches, „Hilf- & Antwort-loses“, aber von LIEBE durchdrungenes Dasein und Dableiben ist. Das nimmt dem geliebten Menschen zwar seine Schmerzen nicht weg….. aber doch ein großes Stück dieser eiskalten Einsamkeit, die schweres Leid immer auch mit sich bringt.
Möge Gott uns immer wieder zu dieser BEHARRLISCHEN, AUSHALTENDEN LIEBE befähigen!!
Danke auch für die Genesungswünsche, lieber Klausa – bis auf einen fiesen (und leider auch sehr beharrlichen) Husten und einen komischen metallischen Geschmack im Mund, geht’s mir eigentlich schon wieder ziemlich gut. Aber genau w e g e n diesem blöden Husten warte ich lieber noch mit dem Anhören der Bonus-Talks…. denn jeder Lacher löst zwangsläufig einen Hustenanfall aus…..
Sehr gespannt bin ich auf deinen nächsten Podcast-Gast! In meinem Hirn fing es gleich an zu rattern, von wem diese Aussage wohl stammen könnte….. aber ich werde mich wohl überraschen lassen (müssen)!
Herzliche Grüße aus der Südwestecke – und eine gesegnete Woche euch und euren Lieben!
6 Gedanken zu „#041 Kristian Hamm“
Lieber Kristian, lieber Klausa!
Vielen Dank für dieses Gespräch: Ich war hin- und hergerissen zwischen Schmunzeln und tiefer Berührtheit, weil du, lieber Kristian, quasi meine Geschichte erzählt hast. Meine Diagnose hieß 2002 Panikattacken mit depressiven Verstimmungen (Burnout gab es als Diagnose noch gar nicht) – viele Worte um die Tatsache, dass ich ein halbes Jahr nur unter größten Ängsten das Haus verlassen habe – und das auch nur in Begleitung meines Mannes.
Ich bin unendlich dankbar, dass ich einen Weg aus diesem dunkelsten Tief gefunden habe.
Und gleichzeitig steigt Wut in mir auf, denn an dem Zustand, der einen erwartet, wenn man eigentlich „nur“ Hilfe braucht, hat sich absolut nichts verändert, während der Bedarf steigt und steigt. Viele meiner Schülerinnen und Schüler sind psychisch hoch belastet (einige sicher auch suizidal gefährdet) und warten eine halbe Ewigkeit auf einen Platz zur Therapie. Sie können es sich ganz und gar nicht leisten, da etwas selber zu zahlen, wobei es sicher auch schwierig ist, dann den richtigen Ansprechpartner zu finden. Da und nicht nur da versagt unser Gesundheitssystem auf voller Breite!
Das ist kaum auszuhalten!
Ich denke, dass die nächsten Jahre einiges an „Kollateralschäden“ auf uns als Gesellschaft zukommt – und Longcovid ist sicher nur eines der Probleme. Ich hoffe, dass unser Gesundheitssystem seinem Namen irgendwann alle Ehre macht und außer Tabletten fressen das Angebot erweitert und diejenigen, die in diesem Sektor wirklich gute Arbeit leisten, entsprechend anerkannt werden, damit sie nicht unter dem Generalverdacht von Scharlatanerie stecken bleiben.
Mir jedenfalls hat nicht die klassische Behandlung (Verhaltenstherapeutischer Ansatz: „Was andere können, können Sie doch auch wohl lernen!“) geholfen. Ich habe über Jahre selbst dafür gesorgt, wieder gesund zu werden, habe mir systemisch helfen lassen und ich bin Gott sei Dank nicht an Scharlatane geraten! Gott habe ich bei der Gelegenheit übrigens auch kennengelernt – ein großes Geschenk!!!
Du, lieber Klausa, hast mit deiner Musik so unendlich viel dazu beigetragen. Da wiederhole ich gern ein weiteres Mal! 😉
Ich wünsche allen, die grad nicht wissen, wie sie die Krisen dieser Welt aushalten und überleben sollen, helfende Hände … jemanden, der zuhört und anpackt …
Und ich wünsche uns allen den Frieden im eigenen Herzen, damit wir Frieden im Außen unterstützen können. Das Eine geht nicht ohne das Andere!
Herzensgrüße und alles Liebe für euch
Imke
Nachtrag:
Was für eine wundervolle Arbeit da entstanden / gewachsen ist – Hut ab dafür!
Ich bin, wie Klausa, auch schwer beeindruckt!!!
Herzensgrüße
Imke
So viele Unterbrechungen und erneute Anläufe (über fünf Tage hinweg) hatte ich beim Anhören einer Folge noch nie…. aber das lag gewiss nicht daran, dass mir dabei ständig langweilig wurde (im Gegenteil). Sondern daran, dass es mich pünktlich zum Podcast-Montag nun doch auch noch „erwischt“ hat („C“) – und das nicht ganz so „mild“, wie ich es gedacht hatte. Besonders an Tag 2 und 3 hatte ich (neben einigen anderen Symptomen) eine solche „Matschbirne“, dass jeder Versuch, sich auf etwas zu konzentrieren, äusserst mühsam war. Es gab Momente, da wusste ich nicht mehr, „wo oben und wo unten ist“ – ein mir bis dahin unbekannter Zustand – und einmal stieg sogar der Verdacht in mir hoch (und da wurde mir trotz Fieber eiskalt), dass das womöglich so bleiben würde….
Seit gestern (Tag 5) geht es nun aber Gott sei Dank sowohl physisch als auch mental wieder aufwärts – und gelernt habe ich auf alle Fälle die Lektion, dass man seinen „Feind“ nie unterschätzen sollte, bevor man ihm nicht persönlich begegnet ist….! Tja, wie steht es schon in der Bibel: „Hochmut kommt vor dem Fall….“ Diesen Dämpfer hatte ich wohl verdient – und hoffe, das Gelernte nie mehr zu vergessen.
Warum erzähle ich das überhaupt?
Nun…. weil mir beim Überlegen so der Gedanke gekommen ist, dass es Dinge gibt, die JEDEN Menschen treffen können – wie eben Corona….. oder Depressionen (Burnout, Panikattacken). Danke, liebe Imke, dass du vieles von dem, was mir dazu im Kopf und im Herzen herumschwirrt, bereits niedergeschrieben hast (mein Energielevel ist noch nicht wieder der alte, aber wahrscheinlich schreibe ich jetzt trotzdem wieder viel zu viel). Manche trifft es „wie ein Blitz aus heiterem Himmel“ (zumindest scheint es so) …. andere erleben eine eher schleichende Wesensveränderung. Manche erleben so was ein Mal im Leben…. bei anderen gehören depressive Verstimmungen irgendwie zu ihrer DNA. Einer meiner Söhne (JG 1999) sagte vor drei Jahren, als es ihm mal wieder enorm schlecht ging (obwohl es rein faktisch keinen Anlass dazu gab), zu mir: „Mama, eigentlich hänge ich mich nur deshalb nicht auf, weil ich weiß, dass es dir das Herz brechen würde…..“ Ich kann gar nicht beschreiben, wie mir in dem Moment zumute war….. jedenfalls haben wir uns erst einmal lange festgehalten (und zwar wirklich FEST) und zusammen geweint. Das war irgendwie befreiend…. für uns beide. E r dankte m i r , dass ich „einfach für ihn da bin, ohne ihn vollzulabern“ und i c h dankte i h m, dass ich es ihm wert war (bin), dunkle, kalte Wegstrecken auszuhalten.
Diesen ganz besonderen Moment werden wir beide nie mehr vergessen – und ich hoffe und bete, dass er auch in Zukunft fähig sein wird, sich an diese „Abmachung“ zu halten….. und trotz dieser Plage, die ihn immer mal wieder überfällt, sein eigenes Leben als lebenswert empfindet. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich hat er sich auch in Behandlung begeben, hatte nach ein paar Fehlversuchen das Glück, einen sehr guten Therapeuten zu finden, und nimmt phasenweise auch Medikamente. Aber ich kann nur bestätigen, was du, Imke, schreibst und was auch Kristian an einer Stelle sagt: Nur wenn der betroffene Mensch lernt, auch selber für sich zu sorgen, kann es ihm (nach und nach) besser gehen…. sich alleine auf Ärzte, Therapeuten und Medikamente zu verlassen, ist trügerisch und führt, wenn überhaupt, nur sehr selten zum Erfolg. Das ist ja schon bei körperlichen Leiden so….. und erst recht bei seelischen Phänomenen, die ja oft noch viel komplexer und unergründlicher sind.
Das Gesundheitssystem (weder unseres noch irgendein anderes – wer wie ich viele Jahre im Ausland gelebt hat, weiß, dass es woanders oft noch viel, viel schlimmer ist) wird diese Not nie alleine auffangen können. Da sind wir Christen gefragt, oder?! Nicht mit „Pseudo-Beratung“ (das sollte man den Experten überlassen), sondern mit LIEBE. Mit Dasein – Zuhören – Annehmen – Aushalten. Das versuche ich gerade bei lieben Freunden, deren ältester Sohn sich heute vor fünf Wochen von einer 18 m hohen Brücke gestürzt – und überlebt hat. Seitdem ist nicht nur seine Seele (langjährige Depressionen, trotz viel Hilfe), sondern auch sein Körper kaputt…. und die Eltern verstehen die Welt (vielmehr ihren Gott) nicht mehr. Was sagt man einer Mutter, die weinend vor einem kauert und sagt, dass sie doch von Mutterleibe an täglich für jedes ihrer Kinder gebetet habe – und trotzdem hat Gott etwas so Schreckliches zugelassen? Oder einem Vater, der sich ängstlich fragt, was denn womöglich noch alles kommen kann in der Familie (fünf Kinder) ….. à la Hiob ….
Antworten auf diese (und viele weitere) Fragen habe ich keine. Gott wird mir, je älter ich werde, immer mehr zum Rätsel…..
Das Einzige, was ich zu geben habe, ist die oben erwähnte geduldige, aushaltende, urteilsfreie Liebe.
Das gelingt mir nicht immer so, wie ich es gerne hätte – aber ich will dran bleiben, es mehr und mehr zu lernen, denn nur so kann im Umfeld eines jeden von uns ein kleines Stückchen Heilung geschehen.
DANKE also auch für dieses spannende, „kernige“, abwechslungsreiche Gespräch!
Liebe Silvia!
Deine Schilderungen hauen mich echt fast um, auch weil meine Schülerinnen und Schüler genau in dem Alter sind, und sicher auch das eine oder andere Mal mit dem Gedanken gespielt haben, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Ich glaube, dass beste (und das macht dich zu einem Gottes-Geschenk), was du tun kannst, ist wirklich einfach da zu sein und festzuhalten und nicht nach Antworten auf Fragen suchen, auf die es keine gibt.
Meine beste Freundin hat gerade die 4. Chemo durch – von den Schulmedizinern liebevoll „Palliativ-Chemo“ genannt, weil sie mit ihrem Latein am Ende sind – sagte einmal, dass ich dageblieben sei, als es ihr so unsagbar schlecht gegangen ist, war das größte Geschenk … auch ohne Antworten darauf zu haben, warum manche Menschen so viel zu (er)tragen haben.
Vielleicht werden wir am Ende erfahren, wozu das alles nützlich war. Daran will ich festhalten, vor allem, wenn ich keine Antworten habe oder mich Zweifel überrennen.
Und so blöd sich das jetzt auch anhören mag, ich bin tatsächlich gestärkt aus meine Krisen gekommen und habe die Kraft gehabt, für andere da zu sein – einfach nur da sein und aushalten … das wäre ohne meinen eigenen Schmerz nicht möglich gewesen.
Ich wünsche dir und deinen Freunden und allen Menschen, die aktuell oder zukünftig durch schwere Krisen gehen, Freundinnen und Freunde, wie du eine bist und wie ich sie hatte.
Herzensgrüße
Imke
Danke euch für eure offenen und bewegenden Berichte und Gedanken! Zum Thema „Wozu das alles nützlich war“ fällt im nächsten Podcast-Gespräch der Begriff des „ohnmächtigen Gottes“. Sehr nachdenkenswert, finde ich. Ich scheitere immer wieder an der (allzu menschlichen und verständlichen) Vorstellung, warum Gott dieses und jenes zulässt. Ich glaube nicht, dass sich dieser Knoten auflösen lässt, aber man kann sich der Frage von unterschiedlichen Seiten nähern.
Dir, liebe Silvia, gute Besserung, gute Erholung und komm bald wieder ganz zu Kräften!
Vielen Dank, ihr zwei Lieben (Imke & Klausa), für eure ergänzenden Gedanken – allesamt wertvoll, berührend und bereichernd.
Wir sind ja alle drei Menschen, denen Sprache viel bedeutet…. und die mit Sprache auch viel auszudrücken vermögen. (Es ist ja nicht zuletzt deine „Wort- & Ausdrucks-Akrobatik“, die deine Fans, lieber Klausa, an deinen Liedern ganz besonders lieben!) Und dennoch ist uns klar, dass es Situationen gibt (wie die beschriebenen – das mit deiner besten Freundin, liebe Imke, tut mir auch unendlich leid!), in denen das Beste, was wir anzubieten haben, unser beharrliches, „Hilf- & Antwort-loses“, aber von LIEBE durchdrungenes Dasein und Dableiben ist. Das nimmt dem geliebten Menschen zwar seine Schmerzen nicht weg….. aber doch ein großes Stück dieser eiskalten Einsamkeit, die schweres Leid immer auch mit sich bringt.
Möge Gott uns immer wieder zu dieser BEHARRLISCHEN, AUSHALTENDEN LIEBE befähigen!!
Danke auch für die Genesungswünsche, lieber Klausa – bis auf einen fiesen (und leider auch sehr beharrlichen) Husten und einen komischen metallischen Geschmack im Mund, geht’s mir eigentlich schon wieder ziemlich gut. Aber genau w e g e n diesem blöden Husten warte ich lieber noch mit dem Anhören der Bonus-Talks…. denn jeder Lacher löst zwangsläufig einen Hustenanfall aus…..
Sehr gespannt bin ich auf deinen nächsten Podcast-Gast! In meinem Hirn fing es gleich an zu rattern, von wem diese Aussage wohl stammen könnte….. aber ich werde mich wohl überraschen lassen (müssen)!
Herzliche Grüße aus der Südwestecke – und eine gesegnete Woche euch und euren Lieben!